Bei vielen Musikliebhabern wird obiges Thema noch immer kontrovers diskutiert.
Dazu besteht aus unserer Sicht allerdings kein Anlaß.
Vom derzeitigen technischen Standpunkt aus ist diese Frage längst zugunsten der digitalen Aufzeichnung entschieden. Es gibt derzeit kein Kriterium, in denen die Vinylschallplatte der CD technisch überlegen wäre.
In fast allen Belangen ist die CD prinzipiell der Schallplatte bei weitem technisch überlegen.
Allerdings muß auf CD-Player-Seite ein gewisser Aufwand betrieben werden, damit diese Vorteile auch zum Tragen kommen (nebenbei: uns ist derzeit kein CD-Player unter VK EUR 1500,- bekannt, der einigermaßen neutral arbeiten würde).
Trotzdem sind die möglichen Fehlerquellen sowie Einflußnahmemöglichkeiten seitens des Hörers bei CD-Wiedergabe immer noch geringer als bei Vinyl-Platten-Wiedergabe.
ABER: Gerade das ist anscheinend das Problem bzw. der Grund für die Beliebtheit analoger Schallplattenwiedergabe.
Zunächst darf allerdings nicht übersehen werden, daß sich die Musikwiedergabe mittels Vinylschallplatten sich derzeit auf dem Höhe- aber auch Endpunkt ihrer technischen Entwicklung befindet. Generationen von Tontechnikern und Abspielgeräteentwickler konnten auf Erfahrungen ihrer jeweiligen Vorgänger aufbauen und Aufnahme- und Wiedergabetechnik auf ein Höchstmaß optimieren.
Dazu gehörte auch das Wissen um die speziellen Eigenheiten der mechanischen Aufzeichnung und Abtastung, die gleich bei der Wahl der Aufnahmeparameter mit berücksichtigt wurden.
Der Frequenzgang und die Amplitude werden z.B. vorverzerrt, um bestimmte Eigenarten zu kompensieren.
Jeder Tontechniker hatte da vermutlich seine eigenen Rezepte zur Erzielung des guten Tons, die dann auch aus gutem Grund "Betriebsgeheimnis" blieben.
Zum Problem konnten allerdings diese "Geheimnisse" werden, wenn Jahre später die Toninhalte auf ein anderes Medium wie z.B. die CD übertragen werden sollten. Einige Einstellungen, die eigentlich nur Defizite der mechanischen Signalwandlung ausgleichen sollten, wurden anscheinend kritiklos im Sinne einer korrekten 1:1-Überspielung oder einfach aus Nichtwissen übernommen.
Welchen Spielraum die Tontechniker wirklich haben, stellt sich eigentlich erst jetzt heraus, da immer mehr erneut remasterte CDs von früheren Aufnahmen auf dem Markt erscheinen, die ihre bereits erschienenen Vorgänger-CDs fast unerträglich scheinen lassen.
Ein fairer direkter Vergleich Vinyl-Schallplatte vs. CD ist daher fast kaum möglich.
Ein anderes, aber vergleichbares Problem ist die digitale "Nachbearbeitung" von analogen Quellen. Um z.B. den Rauschpegel einer älteren Aufnahme auf einer moderen Anlage mit fast unhörbarem Eigenrauschpegel herabzusetzen, werden unterschiedliche Algorithmen zur Rauschunterdrückung auf digitaler Seite benutzt, die natürlich mehr oder weniger auch den Oberwellengehalt des Nutzsignals beeinflussen. Die Aufnahmen klingen dann z.T. dumpf, undynamisch und weniger räumlich.
Ein ganz wichtiges Problem liegt allerdings auch auf der historischen Entwicklung der Aufnahmeseite.
Vergleicht man (nicht nur) Klassik-Aufnahmen von vor 1975 mit denen nach 1980, so kommt man nicht umhin festzustellen, daß hier im Laufe der Zeit anscheinend eine Degeneration der Aufnahmetechnik (hierbei sind nicht nur Geräte, sondern mehr das KnowHow der Aufnahmetechniker gemeint) stattgefunden hat, die vielleicht nur indirekt mit dem Aufnahmemedium CD zutun hat.
Man vergleiche z.B. hierzu nur die DECCA-Legends-Serie auf CD, die an Dynamik, Natürlichkeit und Durchhörbarkeitt fast alles später Aufgenommene bei weitem übertrifft.
Eine fast unbegrenzte Manipulierbarkeit des Signals hat also nicht nur Vorteile. Aber vielleicht hängt das auch einfach nur mit der handwerklichen Einstellung der Tontechniker damals und heute zusammen. Nur bei kleinen Nischenlabels findet man derzeit eine Aufnahmetechnik, die ihre Bezeichnung auch verdient. Als Analogie fallen einem in diesem Zusammenhang sofort große Fastfoodketten im Gegensatz zu Spezialitätenrestaurants ein.
Als nächster Punkt wären die technischen Eigenschaften der Wiedergabegeräte auf Anwenderseite (CD-Player, DA-Wandler) zu nennen. Ganz im Gegensatz zur Euphorie bei der Einführung der CD gibt auch heute keine perfekten Abspielgeräte. Die klanglichen Unterschiede verschiedener CD-Player sind beträchtlich, ebenso natürlich die der DA-Wandler.
Ebensowenig, wie es den Plattenspieler nicht gibt, gibt es auch nicht den CD-Player.
Wie überall kommt es auch hier nicht auf das Prinzip, sondern auf die Ausführung an.
Einer der Hauptgründe für die ungebrochen anhaltende Beliebtheit analoger Abspielgeräte (wenn man von nostalgischen, spielerisch-hobbymäßigen oder plattensammlungstechnischen Gründen mal absieht) ist jedoch vermutlich die bessere Integrierbarkeit in bestehende Abhörverhältnisse aufgrund größerer Freiheitsgrade bei der Zusammenstellung der Anlage.
Einen CD-Player stellt man hin, sorgt für ungestörten Standort - fertig.
Bei einem Vinyl-Plattenspieler hat man Laufwerk, Tonarm, Tonabnehmersystem und Entzerrervorverstärker. Jede einzelne aufgezählte Komponente besitzt einen eigenen Charakter, mit Hilfe dessen sich Defizite an anderer Stelle ausgleichen lassen. Zum Glück sind die meisten "Charaktereigenschaften" (sprich: technischen Defizite) euphonisch.
Man hat also mehr Möglichkeiten zur Kompensation und individuellen Geschmacksabstimmung. Ob das wirklich immer ein Vorteil ist, soll jetzt mal dahingestellt bleiben.
Unsere Meinung hierzu ist klar.