Unter Nachhallzeit versteht man die Zeitspanne, die vergeht, wenn ein Signal im Raum abgeschaltet wird und der daraufhin abfallende Schalldruck nur noch ein tausendstel (-60 dB) des Ursprungspegels beträgt.
Die Größe der Nachhallzeit eines Raumes ist außer von seinem Volumen auch von der Schallabsorption abhängig, die durch Möbel, Teppiche, Gardinen usw. bewirkt wird.

Kurze Nachhallzeiten kennzeichnen einen "trockenen" Raum mit guter Sprachverständlichkeit, während längere Nachhallzeiten zu einem halligen Klangeindruck führen.
In Räumen mit kurzer Nachhallzeit ist der Pegel im diffusen Schallfeld wegen des großen Hallradius relativ niedrig, während in halligen Räumen mit niedriger Schallleistung ein hoher Schallpegel erzeugt werden kann.
Die Nachhallzeit nimmt von tiefen Frequenzen nach hohen Frequenzen meist ab.
In großen Räumen kann infolge der unterschiedlichen Laufstrecken zwischen direktem und undirektem Schall ein merklicher Zeitunterschied auftreten. Beträgt die Zeitdifferenz mehr als 50 ms, so nimmt man ein Echo war.

Formelmäßig ergibt sich die Nachhallzeit nach Sabine aus

T = 0.163 × V/A0

mit
T = Nachhallzeit [s]
V = Volumen des Raumes [m³]
A0 = Gesamtabsorption [m²]
0.163 = Sabine'sche Nachhallkonstante [s/m]

Die Gesamtabsorption A0 ergibt sich aus der Summe der Teilabsorptionen, wobei die beteiligten Absorptionsflächen mit dem jeweiligen Schluckgrad a des Materials berücksichtigt werden.
Die Schluckgrade bezieht man tabellarisch auf die Schluckfläche einer Fensteröffnung, wofür der Schluckgrad mit 100 gesetzt wird.

Es ist

A0 = a1 × F1 + a2 × F2 + a3 × F3 + ...

mit
A0 = Gesamtabsorption [m²]
a1,a2 usw. = Schluckgrade der beteiligten Stoffe (Verhältnis von absorbierter und eingefallener Energie)
F1,F2 usw. = Absorptionsflächen [m²]

Die Schluckgrade sind je nach Frequenz verschieden. Über 4000 Hz sind die Schluckgrade weniger wichtig, da die Absorption der Luft in steigendem Maße überwiegt.

Werkstoff, bezogen auf 1 m²
125 Hz
250 Hz
500 Hz
2 kHz
4 kHz
Beton, Marmor 0.01 0.01 0.01 0.02 0.02
Ziegelmauerwerk 0.01 0.01 0.01 0.02 0.02
Putz 0.02 0.02 0.03 0.05 0.05
Holzfußboden 0.15 0.15 0.14 0.08 0.05
PVC-Bodenbelag 0.02 0.03 0.04 0.05 0.01
Teppich, 10 mm stark 0.09 0.08 0.20 0.30 0.45
Glas 0.04 0.03 0.02 0.02 0.02
Glasfenster 0.35 0.25 0.18 0.07 0.04
Baumwollstoff, an der Wand anliegend 0.04 0.08 0.13 0.32 0.40
Vorhang, normal, glatt 0.05 0.15 0.23 0.30 0.40
Vorhang, dick, faltig 0.10 0.30 0.40 0.60 0.75
Holztür 0.20 0.15 0.10 0.09 0.10
50mm Absorberplatte, Schaumstoff 0.15 0.27 0.63 1.00 1.00
50mm Absorberplatte, Glaswolle 0.26 0.60 0.95 1.00 1.00
bezogen auf die Anzahl        
Holzstuhl 0.01 0.02 0.02 0.04 0.03
Polstersessel 0.15 0.30 0.40 0.40 0.40
Zuhörer, sitzend 0.15 0.30 0.45 0.45 0.45

Man erkennt aus der Tabelle, daß besonders anwesende Personen in einem Raum große Absorptionen hervorrufen und damit die Nachhallzeit stark beeinflussen. Häufig ergeben sich in einem Wohnraum aufgrund der vorhandenen Einrichtungen ungünstige Nachhallwerte. Eine Korrektur ist dadurch möglich, daß zusätzlich an der Decke, den Wänden oder dem Fußboden verschiedenartige Schallschluckstoffe angebracht werden.

Schallschluckende Stoffe, die über den gesamten Frequenzbereich gleichmäßig wirksam werden, gibt es nicht. Man muß daher mehrere Stoffe kombinieren, um ihre Wirksamkeit den Notwendigkeiten anzupassen.

Bei Berechnung der Gesamtabsorption ist auch zu beachten, daß die Position der Schallschluckstoffe im Raum das Ergebnis nicht unwesentlich beeinflußt. Obige Tabelle gibt also nur den maximalen Schallschluckgrad an. Für genauere Bechnungen wendet man statistische Methoden (Monte Carlo) an.

Es gibt zwei große Gruppen von Schallschluckern:

Poröse Stoffe:

Hierzu gehören Teppiche, Möbelpolster, Vorhänge, Glaswolle usw. Bei ihnen dringt der Schall in die feine Poren und Kanäle ein und wird durch Reibung in Wärme umgewandelt. Die Schluck- oder absorptionswirkung ist bei diesen Stoffen um so größer, je höher die zu schluckende Frequenz ist.

Schwingungsfähige Stoffe:

Hierzu gehören Sperrholz- und Hartfaserplatten sowie Holztäfelungen, Wände von Möbeln usw. Durch die mehr oder weniger glatte Oberfläche werden die kurzen Wellen der hohen Frequenzen reflektiert. Bei tiefen Frequenzen werden jedoch diese Stoffe zum Schwingen angeregt. Hierbei verbrauchen sie durch innere Reibung Energie, die sie dem Schallfeld entziehen. Die Absorptionswirkung ist umso größer, je mehr bei tiefen Frequenzen ein derartiges Mitschwingen möglich ist.

Für die optimale Musikwiedergabe in Wohnräumen mittels Hifi-Anlagen sollten die resultierenden Nachhallzeiten in nachfolgendes Toleranzband fallen (DIN 45573, Teil 4):

Nachhallzeittoleranzfeld