Bei der Bewertung von Hifianlagen mittels im Studio aufgenommener Tonträger sollte man sich darüber im klaren sein, daß es technisch so gut wie unmöglich ist, mittels Mikrofon eine akustische Situation genauso aufzunehmen (und dann wiederzugeben), wie wenn wir sie mit den Ohren empfinden würden.
Daher ist eine produzierte Aufnahme selten mit der jeweiligen eventuell selbst miterlebten Live-Situation vergleichbar.
Den tatsächlichen Verhältnissen am nächsten kommen höchsten noch ältere Aufnahmen (< 1970), die mit sehr wenig und gut plazierten Mikrofonen in einem geeignetem Aufnahmeraum sowie unter weitestgehendem Verzicht auf Effektgeräte und individuellen "Geschmacksverzerrungen" produziert wurden.
Dies betrifft vor allen Dingen Klassik-, Jazz- und Blues-Aufnahmen.
Man denke hier z.B. im Jazzbereich an fast alle Aufnahmen von Miles Davis, sowie im Klassikbereich an die jetzt auf die in der DECCA-Legends-Serie auf CD veröffentlichten "alten" Aufnahmen.
Der ambitionierte Musikliebhaber wird hier wahre Schätze entdecken können, die fast alle "modernen" Aufnahmen in Bezug auf Raumabbildung, Dynamik und Farbigkeit der Instrumente in den Schatten stellen (zum Glück werden gerade jetzt wieder viele alte Aufnahmen "remastered" und auf CD verfügbar gemacht).
Leider scheint im Laufe der Zeit diese Kunst in Vergessenheit geraten zu sein, da heute fast nur noch extrem manipulierte Aufnahmen verfügbar sind. Der Trend geht mittlerweile sogar noch einen Schritt weiter, weg von üblichen Mischpulten und hin zu per Maus am Computer zusammengeklickten Musikproduktionen.
Zu allem überfluß sind diese Manipulationen und Produktionsweisen sehr gut über hochwertige neutrale Abhöranlagen zu hören und daher für den engagierten Hörer eine Quelle ständigen Ärgernisses.
Deshalb seien zur Anschauung hier einige Beispiele aus der Tonstudiopraxis aufgeführt, wo aus den verschiedensten Gründen, sei es nun aufnahmetechnischer oder geschmacklicher Art, gezielt Veränderungen am aufgenommenen oder aufzunehmenden Audiosignal vorgenommen werden. Das muß nicht immer zum Nachteil der Produktion sein, zeigt aber die relative Beliebigkeit des resultierenden Ergebnisses.
Für die Bearbeitung der Einzelspuren stehen dem Toningenieur dermaßen viele Manipulationsmöglichkeiten offen (die auch leider manchmal allzu fleißig genutzt werden), daß z.B. ein Vergleich von Hifi-Geräten anhand einer Aufnahme so gut wie sinnlos ist.
Der individuelle Klang der Instrumente und Stimmen ist von manchmal minimalen Änderungen abhängig, die durchaus z.B. im Bereich der Frequenzgangunterschiede oder Abstrahlcharakteristikunterschiede unterschiedlicher Lautsprecher liegen können.